Manos Tsangaris

*  8. Dezember 1956

von Raoul Mörchen

Essay

Wie viele seiner Kommilitonen (darunter Maria de Alvear, Carola Bauckholt und Chris Newman) nutzte Manos Tsangaris die von Mauricio Kagel geleitete Klasse für Neues Musiktheater an der Kölner Musikhochschule in ihrer ästhetischen Offenheit und medialen Vielseitigkeit, um das Selbstverständnis des Komponierens radikal zu hinterfragen. Anders als noch das Gros der unmittelbaren Nachkriegsavantgarde reduzierten Tsangaris und viele seiner Generationskollegen ihre Fragestellung nicht auf das Prozedere, also auf die Modi des Zusammenfügens, sondern setzten schon bei der Überlegung an, was als komponierbares Material überhaupt zur Verfügung stehe. Statt diese Frage allerdings – im Sinne des Fluxus – mit einem pauschalen „alles ist bei Bedarf komponierbar“ zu beantworten, verschärfte Tsangaris schon in frühen Werken ihren Fokus: Für ihn ist die „Verknüpfungsform des Materials“ wesentlich; sie gilt ihm als eigentliches Material. Auch unter dieser Prämisse kann prinzipiell alles Hörbare, Sichtbare und Denkbare Teil einer Komposition werden. Gleichwohl legt sie den Schwerpunkt auf die interne Verhältnismäßigkeit, die im Werk waltet, und schiebt so einer etwaigen Ästhetisierung, wenn nicht gar Fetischisierung des rein Stofflichen einen Riegel vor.

Provokation ist Tsangaris kein Anliegen. Die Mehr-Medialität und die fallweise Verbindung von Elementen aus Alltags- und Kunstwelt in seinen Arbeiten ist ...